The Treasure Of The Sierra Madre (John Huston, USA 1948)

Was eigentlich aus dem Abenteuerfilm geworden ist, habe ich mich neulich mal gefragt. Er ist verschwunden, oder? Warum dem so ist, dass ist mir gerade durch John Hustons wahnsinnig guten „The Treasure Of The Sierra Madre“ noch einmal klarer geworden.

Als „eine waghalsige Unternehmung aus Gründen des Forschungsdrangs oder des Übermuts mit lebensbedrohlichen Aspekten, unberechenbaren Gefahren und manchmal fatalem Ausgang“ bezeichnet Walter Moers in seinem Roman „Die Stadt der träumenden Bücher“ das Abenteuer. Der Abenteuerfilm ist schließlich hervorgegangen aus dem Abenteuerroman, dessen schillerndste Vertreter Walter Scott, Jules Verne, Alexandre Dumas und Herman Melville waren. Charakteristisch für die meisten Abenteuerromane und -filme ist, dass in ihrem Zentrum eine Hauptfigur oder eine Gruppe von Figuren steht, die ihre gewohnte Welt verlassen muss und eine fremde, oft gefährliche Reise unternimmt. Die Geschichten spielen meist in einer Zeit, als die Welt für den Menschen tatsächlich noch ein Abenteuer war, als es noch Rätsel zu lösen und Schätze zu entdecken gab, als fremde Länder und Kulturen noch geheimnisvoll, ja unheimlich anmuteten.

Soweit trifft das auch auf „The Treasure Of The Sierra Madre“ zu, diesen frühen Klassiker des Genres, der aber gleichzeitig bereits dessen Ende einläutet: Die Geschichte spielt in Mexiko im Jahr 1925: Die Amerikaner Fred C. Dobbs (Humphrey Bogart) und Bob Curtin (Tim Holt) werden um ihren Lohn betrogen und entschließen sich daraufhin, zusammen mit dem Schatzsucher (Walter Huston) eine Goldader zu suchen. Der Weg ist gepflastert mit Gefahren, aber vor allem die Gier der Schatzsucher gefährdet das Projekt.

Abenteuerfilme gibt es so lange wie das Kino selbst, ihre Hochzeit hatten sie allerdings zwischen den 1930er und 1960er Jahren, bis sie in den folgenden Jahrzehnten immer seltener gedreht wurden. Änderten sich einfach die Begrifflichkeiten oder gibt es heute weniger Stoff, den man als Abenteuer bezeichnen würde? Wahrscheinlich beides. Fremde Länder und Kulturen sind weitestgehend erforscht und für uns alle im Fernsehen sichtbar. Und der klassische Held hat auch ausgedient. Was gut, was böse ist, das weiß heute niemand mehr, und das, was früher als Abenteuer galt, ist heute bestenfalls eine Bedrohung, die es zu bekämpfen gilt. All das zeichnet sich bereits 1948 in Hustons Film ab, in dem die Helden eigentlich keine und fremden Länder reizlose Staubwüsten sind. Der titelgebende Schatz ist lediglich eine Chimäre. Nach diesem Abenteuerfilm gibt es eigentlich nichts mehr zu erzählen.

Dafür, dass der klassische Abenteuerfilm heute nahezu verschwunden ist, gibt es aber noch eine andere Erklärung. Sie heißt CGI – Computer-Generated Imagery. Alles, was vorstellbar ist, ja, sogar noch mehr, lässt sich heute mittels Computertechnologie visualisieren. Unsere Fantasie hat die Realität überholt. Dass wir irgendwo auf der Welt ein Fleckchen Erde entdecken, an dem es noch Abenteuer zu erleben gibt, ist unwahrscheinlich. Das Unbekannte liegt im Cyberspace, die neuen Geheimnisse und Herausforderungen lauern im Reich der Bits und Bytes, der Nullen und Einsen und virtuellen Realitäten. Der antiquierte Begriff des Abenteuers will zu diesen schönen neuen Welten nicht so recht passen. Die Krise des klassischen Abenteuerfilms ist somit nicht nur nicht überwunden – es ist fraglich, ob das Genre überhaupt ein Revival erlebt und sich wirklich noch einmal in alte Höhen erhebt. Während optisch alles möglich ist, gibt es inhaltlich – das hat Huston beim „The Treasure Of The Sierra Madre“ deutlich gemacht – nichts Heroisches mehr zu erzählen. Aber solange wir nichts vermissen, ist das alles wahrscheinlich nicht so schlimm.

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