Rompecabezas oder: Es muss nicht immer Shakespeare sein

Im Wettbewerb Berlinale 2010 lief ein argentinischer Film namens „Rompecabezas“. Das heißt „Puzzle“. „Rompecabezas“ handelt von einer Hausfrau, die bemerkt, dass sie eine gewisse Begabung im Puzzeln hat. Fortan puzzelt sie. Ich hatte den Film gesehen – und mich gelangweilt.

Aber vielleicht tut der Film, dachte ich, dem Spiel Unrecht? Ich hatte zwar Puzzeln auch nicht als besonders spannend in Erinnerung – aber so dröge wie dieser Film? Ne, glaubte ich nicht! Aus diesem Grund kaufte ich mir gleich nach dem Film ein Puzzle. Mein letzte Mal puzzeln war bestimmt schon 25 Jahre her. Dem entsprechend aufgeregt war ich. Möglicherweise, so malte ich mir aus, würde ich mit Puzzeln ein neues (altes) Hobby (wieder) entdecken und – so fantasierte ich weiter – ihm mit einer Leidenschaft nachgehen, welche die Hausfrau aus „Rompecabezas“ alt aussehen lassen und mein Leben in neue Bahnen lenken würde. Dann würde ich bestimmt auch weniger Zeit vor dem Computer verbringen und sinnloses Zeug tippen, sondern mehr Sport treiben. Ich würde alte Freundschaften auffrischen und hätte ständig spannende Puzzlegeschichten auf Lager.

Aber es kam anders.

Ich öffnete das Puzzlespiel. Viele Puzzleteile. Ein paar zusammenpassende hatten sich, wahrscheinlich durch das Schütteln während des Transports, schon in der Packung gefunden. Diese nahm ich vorsichtig heraus und legte sie auf den Tisch. Das war ja schon mal ein Anfang. Wie ich es in „Rompecabezas“ gelernt hatte, sortierte ich erstmal nach Farben und suchte nach Eckteilen. Die Minuten vergingen, eine Stunde, zwei,… Dann hatte ich keine Lust mehr. Am nächsten Tag lagen die paar zusammenpassenden Teile und die sortierten Farbhaufen immer noch auf dem Tisch. Am darauf folgenden – das gleich Bild. Eine Woche später hatte ich die Idee: Ich schob die losen Puzzleteile wieder in die Packung, klappte den Deckel zu und – schüttelte heftig. Dann öffnete ich den Deckel und inspizierte die Lage. Da! Zwei weitere Teilchen hatten sich gefunden. Ich sortierte sie aus, schloss und schüttelte die Packung erneut – und entdeckte nach dem Öffnen wieder einige Teile, die sich durch Zufall (oder war es die Macht des Schicksals?) zusammen gefunden hatten.

Nur 4 Monate später hatte ich das Puzzle zusammengeschüttelt.

Die Freude darüber wurde nur noch übertroffen von einer unglaublichen Erkenntnis! Fast hätte es mich von den Beinen geholt. Natürlich! Das Unendliche-Affen-Theorem! Dieser Lehrsatz besagt ja, dass ein Affe, der unendlich lange auf eine Schreibmaschine einhämmert, irgendwann die kompletten Werke Shakespeares geschrieben haben würde. Ich hingegen hatte nur acht Wochen gebraucht, um den Zufall zu zwingen, das Puzzle für mich zusammen zu setzen! Ich erschauderte als mir klar wurde, was ich mit diesem Wissen alles erreichen könnte. Und würde! Ich kloppte das Puzzle in die Packung und schmiss es vom Balkon. Dann machte ich den Computer an, öffnete ein Word-Dokument und begann zu tippen.

Von wegen irgendwann! Vier Jahre später beendete ich diese Geschichte mit den Worten „Es muss nicht immer Shakespeare sein“, schloss das Dokument, fuhr den Computer herunter und warf auch ihn aus dem Fenster. In die Nacht.

2 Kommentare zu „Rompecabezas oder: Es muss nicht immer Shakespeare sein

  1. Auf Aufräumen meiner Festplatte bin ich über diesen Text gestolpert, den ich wohl irgendwann in den kurzen Nächten der Berlinale 2010 geschrieben haben muss. Da er zumindest indirekt etwas mit Film zu tun hat, poste ich ihn mal hier. Vielleicht erfreut er ja die eine oder den anderen.

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